Boppard - Kirche
Beeindruckende Festungsmauern eines spätrömischen Kastells prägen den Ortskern von
Boppard. Während der ersten Hälfte des vierten Jahrhunderts n. Chr. war hier am
Rhein eine militärische Einheit stationiert.
Unverzichtbarer Bestandteil römischen Lebens ist das Bad, entlang der Kastellmauer
erstreckte sich ein etwa 50 m großer Badekomplex.
Die zahlreichen Räume mit Umkleideraum, Warmbad, beheizbaren Wannen und Kaltbad
geben Einblick in den römischen Badeablauf.
Von den Baderäumen ist heute vor Ort nichts mehr zu sehen. Im Museum Boppard steht
ein Modell der gesamten Badeanlage. Die Thermen wurden bis zum Ende der Römerherrschaft
am Mittelrhein d. h. bis zum Anfang des 5. Jahrhunderts benutzt.
Im Jahr 406 verließ die römische Truppenbesatzung das Kastell, die Anlage wurde
zu einer rein zivilen Siedlung. Aus überraschend vielen spätrömischen Kastellen
sind Hinweise auf christliche Gemeinden erhalten. Die frühchristlichen Kirchen befanden
sich innerhalb der antiken Festungsmauern, erfüllten zeitweilig militärische Funktionen
und dienten der gottesdienstlichen Betreuung der Kastellbewohner.
Während archäologischer Grabungen innerhalb der Bopparder St. Severuskirche wurden
die Fundamente des römischen Kastells, eines Kastellbades und einer frühchristlichen
Kirche freigelegt.
Die Zivilbevölkerung nutzte nach dem Abzug der militärischen Einheiten das Kastellareal
und baute es für ihre Zwecke um. Es entstand während der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts
eine frühchristliche Gemeindekirche, die erst im 8. Jahrhundert durch einen Neubau
ersetzt wurde.
Zur Errichtung der frühesten Kirche Boppards wurde die große Sporthalle der Badeanlage
durch Niederreisen einer Trennwand zu einer einschiffigen Saalkirche mit 32 m Länge
umgebaut.
Geschickt konnte die halbkreisförmige Wand am Osten des römischen Bades als halbrunde
Abschluß des Kirchenchores genutzt werden.
Die Kastellmauer bildete die Nordseite des Kirchenbaus.
An der Südseite des Kirchenbaus befanden sich vier Räume der Thermenanlage, die
in den Kirchenbau mit aufgenommen wurden. Der dem Chor am nächsten liegende Raum
könnte als eine Art Sakristei, die anderen Räume vielleicht als Lagerräume gedient
haben.
Vom leicht erhöhten Chor führte in das Kirchenschiff ein 6 m langer und 1,4 m breiter
eingefasster Gang, auch Ambo genannt, der in einer runden kanzelförmigen Erweiterung
endete. Die Kanzel diente nicht nur der Verkündigung, sondern auch der Vorstellung
von Neugetauften vor der Gemeinde.
Im westlichen Teil der Kirche befand sich in einem kleineren Raum ein Taufbecken
In das 1,3 m große, etwa knietiefe Becken führten Trittstufen hinab, die Taufe erfolgte
durch Übergießen mit Wasser, der so genannten Aspersion. Eine Art Baldachin fasste
das Taufbecken ein. Vergleichbare Anlagen, finden sich in den Vorgängerbauten der
Liebfrauenkirche in Trier oder der Bischofskirche St. Ursula in Köln.
Auf Grund des im Inneren der Kirche gelegenen Taufbeckens lässt sich das Gebäude
eindeutig als Taufkirche erklären. Die originalen archäologischen Befunde sind zum
Teil noch in St. Severus zu besichtigen. Der Verlauf des Ambos ist im Boden des
Mittelschiffes hervorgehoben, das originale Taufbecken befindet sich in einem tiefergelegenen
Raum unter dem Boden der Kirche.
[Martin Thoma]