Mittelstrimmig - Heiligtum
Die Existens eines römischen Heiligtums ist für Mittelstrimmig schon seit 1908 bekannt.
Ein damals gefundener Kalksteinblock mit Weihinschrift des 2.-3. Jhs. n. Chr. nennt
die Gottheiten Mars Smertius, Vindoridius und Boud(a/e/i)na.
Die römische Religion hatte sich aus der Religion eines Landvolkes entwickelt. Es
galt, Unheil von den Feldern und dem Vieh abzuhalten und Segen für das Gedeihen
der Frucht und des Lebens zu erbitten.
Mars der Gott des Krieges diente als Schutz- und Heilgott, der Name Mars Smertius
ist Ausdruck der Verschmelzung einer römischen Gottheit mit der keltischen der ansässigen
Bevölkerung.
Mars wurde auch auf dem unweit gelegenen Martberg bei Pommern an der Mosel, hier
unter dem Namen Lenus Mars verehrt.
Die Göttin Boud(a/e/i)na wurde vermutlich als einheimische Mutter- oder Fruchtbarkeitsgöttin
verehrt.
Fundstreuungen im Acker insbesondere zahlreiche Miniaturfläschchen, so genannte
Tränenfläschchen, wie sie auch auf dem Martberg gefunden wurden und Fragmente von
kleiner Tonfiguren (Terrakotten) sind Weihegaben an die Gottheiten.
Ein bronzener Hahnenfuß weist auf ein 2-3 m großes Kultbild hin. Der Hahn ist ein
Attribut der Gottheit Merkur, dem Gott des Handels und Gewerbes, der sicherlich
eine wichtige Rolle unter den Göttern der Straßensiedlung von Mittelstrimmig einnahm.
Innerhalb des römischen vicus von Mittelstrimmig wurden großflächige geophysikalische
Messungen durchgeführt. Dabei werden Widerstände im Boden gemessen und grafisch
dargestellt. Zur großen Überraschung zeichneten sich im Messbild zwei getrennt voneinander
liegende Kultstätten ab
Hangabwärts war ein mächtiger gallo-römischer Umgangstempel von 18 m Seitenlänge
innerhalb eines 60 x 39 m großen, durch Mauern einfassten Platzes errichtet worden.
Auf der Anhöhe erstreckt sich über 100 m weit der größere Tempelbezirk Innerhalb
des Kultbezirks befanden sich zwei gallo-römische Umgangstempel, sowie mehrere Steinbauten.
Die gallo-römischen Heiligtümer dienen nicht nur der Verehrung der Gottheiten, sondern
auch als Versammlungsplatz der ansässigen Bevölkerung. Eine solche Funktion dürfte
dem etwa 300 m großen Platz zugekommen sein, der das Heiligtum mit einer weiteren
Mauer umgab
Den Tempelanlagen kam eine wichtige Bedeutung für die Kultausübung der Bewohner
der römischen Siedlung und der Siedler umliegender Gehöfte zu. Nur wenn die Riten
ordnungsgemäß durchgeführt wurden, konnte das Wohlwollen der Götter gewonnen werden.
Man schloss, wie viele Gelöbnisse auf Weihinschriften zeigen, im Grunde einen Vertrag
mit den Göttern.
Zentraler Bestandteil der Kultausübung ist das Opfer, das an einem Altar dargebracht
wird. Der eigentlichen Opferhandlung muss eine kultische Reinigung beispielsweise
das Besprengen mit Wasser vorausgehen. Unblutige Opfer waren Spenden von Feldfrüchten,
Wein oder Weihrauch. Zu den blutigen zählt die rituelle Tötung von Tieren.
Dem höchsten römischen Gott Jupiter steht ein makelloser weißer Stier zu. Das Opfer
war vollbracht, wenn es dem weiteren menschlichen Gebrauch, beispielsweise durch
Verbrennen entzogen war. Bei Tieropfern wurden nur bestimmte Teile verbrannt, der
weitaus größere wurde an die Gemeinde verteilt.
Unter dem Einfluss des frühen Christentums endete in größeren Siedlungen sowohl
die Opfertätigkeit innerhalb der Tempel als auch die Beigabensitte in den Gräberfeldern.
Auf dem Land hingegen werden die alten Sitte und Gebräuche teils bis in das 5. Jahrhundert
hinein gepflegt. Hierin sind die von den Kirchenvätern immer wieder scharf attackierten
„heidnischen“ Landbewohner zu sehen.
Diese Bevölkerung war es auch, die teils noch bis in das 5. Jahrhundert in den alten
Heiligtümern opferte.
[Martin Thoma]