Virtuell durch die Archäologie und Geschichte der Hunsrück-Mittelrheinregion.

Martin Thoma

Kennzeichen eines archäologischen Denkmals ist in der Regel seine unscheinbare Geländeformation. Befestigungsanlagen, Siedlungen und Abbaugebiete erschließen sich in der Regel nur dem geschulten Auge oder unter sachkundiger Führung. Der Erhaltungszustand der meist zugewachsenen und  überwucherten Fundstätten schränkt die Vorstellungskraft stark ein. Zum Erlebnis wird der Fundplatz, sobald die Möglichkeit eröffnet wird, sich vor Ort an jedem beliebigen Platz mittels eines Handys oder eines tragbaren Informationssystems Einblicke in vergangene Lebenswelten zu verschaffen.

Ermöglichen soll dies ein im Jahr 2006 angelaufenes Projekt mit dem Arbeitstitel ?Hunsrück & Mittelrhein History?. Das Projekt unterteilt sich in drei Bausteine. Ziel ist erstens eine Vernetzung aller Museen und Ausstellungen im Hunsrück und am Mittelrhein mit dem Ziel der Durchführung von gemeinsamen Vermarktungsaktivitäten. Zweitens werden bekannte und zugängliche Geländedenkmäler und archäologische Sehenswürdigkeiten virtuell rekonstruiert und in kurzen Filmen dargestellt. Eine Downloadplattform im Internet ermöglicht den Zugriff auf die Führung in Film und Ton. Drittens wird die Internet-Plattform Regionalgeschichte allen im Bereich Geschichte bzw. Archäologie Interessierten einen systematischen Überblick über die Hunsrück- und Mittelrheingeschichte anbieten. Die Kosten des Projekts werden zur Hälfte durch Mittel der Gebietsförderung LEADER+ und den Zusammenschluss von 12 Verbandsgemeinden getragen.

Primäres Ziel des Projektes ist die Förderung der touristischen Entwicklung der Region Hunsrück und Mittelrhein durch die Inwertsetzung des historischen und kulturellen Erbes.

Die jüngsten Entwicklungen im Bereich der Telekommunikation und transportabler Informationssysteme lässt erahnen, dass in wenigen Jahren zu jedem Zeitpunkt und an jedem Ort auf Internetplattformen als nahezu unerschöpfliche Quelle zur Informationsvermittlung zugegriffen wird. Das Institut für geschichtliche Landeskunde an der Universität Mainz e.V. (IGL) hat den Aufbau eines Internet-Portals zunächst für Rhein-Hessen entwickelt. Dieses Portal www.regionalgeschichte.net ermöglicht die Zusammenarbeit zwischen regionalgeschichtlich interessierten Personen, Vereinen und Einrichtungen. Hier findet sich eine reichhaltige bebilderte Auswahl an Bau- und Geländedenkmälern.Durch eine immer weiter verbreitete deutlich höhere Datenübertragungsrate (DSL, WLAN, UMTS) ist heute die Übertragung von Videoformaten über Internet oder Mobilfunk möglich geworden. Die ?kleinen? Filme lassen sich auf verschiedenen Endgeräten abspielen. Zum einen natürlich auf PCs und Laptops, aber auch auf PDAs, iPods, Playstation Portable und sogar Handys. Real errichtete Gebäuderekonstruktionen sind im Rhein-Hunsrück-Kreis nicht vorhanden. Ihr Wert ist ohnehin zweifelhaft, denn die Architektur eines wieder aufgebauten antiken Gebäudes hat eine intensive Präsenz und schafft Denkmäler in der Realität. Zahlreiche Bauten sind mittlerweile selbst  zu Denkmälern der Rekonstruktionsgeschichte geworden. Gleichzeitig beeinflusst die Autorität des rekonstruierten Bauwerks die Vorstellung der Besucher. Hinzu kommt, antike Bauwerke sind häufig nur Teil einer Baugeschichte, die durch die Rekonstruktion auf eine Phase reduziert wird. Demgegenüber bieten weitaus kostengünstigere virtuelle Rekonstruktionen den Vorteil eine Gesamtentwicklung darzustellen und neuere Erkenntnisse der Baugeschichte immer wieder einzufügen. Geländedenkmäler, bisher brachliegende Ressourcen, tragen damit zur touristischen Attraktivität einer Region bei; Region und Landschaft werden zum Freilichtmuseum.