Dörth - Wagengrab



Etwa 1.5 km östlich des Ortskerns von Emmelshausen erhebt sich auf einem Geländerücken ein ungewöhnlich großer Grabhügel
Angeregt durch die Sage vom goldenen Wagen im Grabhügel hatte ein Bauer den Hügel im Jahr 1851 geöffnet.
Der ursprünglich knapp 5 m hohe Hügel barg das berühmte keltische Wagengrab von Dörth. Golden war nicht der Wagen, aber der Schmuck des Bestatteten. Der Tote war zusammen mit einem zweirädrigen Wagen und Trinkgefäßen in eine hölzerne Grabkammer gelegt worden. Das Skelett hatte sich im sauren Boden vollständig aufgelöst, doch sprechen die Beigaben für eine Männerbestattung, die etwa 450 v. Chr. erfolgt. Die gesamte Grabausstattung gelangte für 30 Mark an das königliche Museum Berlin.
Die Qualität der erhaltenen Objekte insbesondere des Wagens belegt den hohen technischen Standart keltischer Handwerker.
Äußerst komplizierte Metallarbeiten waren auszuführen, um die hölzernen Speichenräder mit eisernen Radreifen zu überziehen oder die bronzene Achskappen zufertigen und zu verzieren.
Der Wagen ist das Statussymbol der frühkeltischen Führungsschicht. Möglicherweise wurde er als Streit- und Reisewagen eingesetzt. Mit der Wagenbeigabe wurde der Bestattete über den Tod hinaus verherrlicht und erweist sich als Angehöriger der keltischen Führungsschicht.
Dies belegt auch der Schmuck des Toten, sein goldener Arm- und Fingerring sind charakteristische Schmuckbeigaben frühkeltischer Fürsten und Häuptlinge.
Angehörige der frühkeltischen Elite unterstrichen ihre Position durch die Nutzung eines reichhaltigen Tafelgeschirrs während der Fest- und Gastmähler. In bronzenen Schnabelkannen aus dem oberitalischen Etrurien wurde Wein aufgetischt. Der kostbare Wein gelangte schon im 6. Jahrhundert aus etruskischen oder griechischen Gebieten häufig über Marseille bzw. die Rhone in die Hunsrück-Mittelrheinregion.
Goldene Beschläge eines Trinkhorns vervollständigen neben einem henkellosen Bronzebecken, das ebenfalls aus Etrurien stammt den standesgemäßen Geschirrsatz.
Zwischen Mosel, Saar und Nahe wurden bedeu­tende Elitegräber der frühkeltischen Epoche angelegt. Nahezu regelhaft findet sich in den Gräbern Importware aus dem etruskischen Oberitalien. Über den Aufschwung der keltischen Eliten ist viel gerät­selt worden. Sicherlich war er nicht nur den Bodenschätzen zu verdanken, dem Gold und vor allem den reichen Eisenvorkommen.
Die Schnabelkannen wurden in der etruskischen Stadt Vulci, einem Zentrum der Bronzeverarbeitung in Massen- und Serienproduktion hergestellt.
Wie kam der Kontakt zwischen den etruskischen Händlern Norditaliens und den keltischen Fürsten und Häuptlingen auf den Hunsrückhöhen während des 5. Jahrhunderts v. Chr. zustande? An erster Stelle steht der unerschöpfliche Bedarf der etruskischen Bronzeproduktion an Zinn.
Zinn und Kupfer sind die Bestandteile der Bronzeherstellung und Zinn wurde vor allem in Nordfrankreich und in England abgebaut und verhandelt.
Die Handelsroute verlief von Etrurien über die Alpenpässe, den Rhein entlang und über das Saar-Moselgebiet in Richtung Bretagne. Als Zwischenhändler kamen die keltischen Fürsten an Mittelrhein und auf dem Hunsrück zu Macht und Reichtum.
Rätselhaft bleibt warum im Mittelrheingebiet und auf dem Hunsrück größere Siedlungen und Burgen fehlen, die den zeitgleichen Zentralorten Süddeutschlands, wie beispielsweise die Heuneburg an der Donau auch nur annähernd vergleichbar wären.
Die in den reichen Gräbern bestatteten Fürsten und Häuptlinge zwischen Mosel und Nahe verfügten zwarüber Bodenschätze und die Kontrolle von Verkehrswege, jedoch nicht über Städte und Burgen, sondern über Dörfer und Weiler.

[Martin Thoma]