Boppard - Kastell
Mächtige Mauern und Türme eines römischen Kastells prägen Boppards Ortskern. Sie
gelten gelten als die am besten erhaltenen spätrömischen Festungsmauern Deutschlands.
Trotz schweren Beschädigungen durch den Bahnbau von 1859 ereichen die Kastellmauen
noch Höhen bis zu neun Meter.
Römischen Bauten und eine bemerkenswerte lückenlose Besiedlung seit dem 1. Jahrhundert
n. Chr. machen Boppard zu einem herausragenden Kulturdenkmal über das Rheingebiet
hinaus.
Römische Siedlungsspuren an der verkehrsgünstigen, am Mittelrhein zwischen Taunus
und Hunsrück gelegenen Stelle, sind schon seit dem 1. Jahrhundert nachweisbar im
Mühlbachtal nachweisbar.
Historische Quellen aus dem 2.–3. Jahrhundert, wie die Tabula Peutingeriana die
mittelalterliche Abschrift einer antiken Reisekarte erwähnen die Siedlung als Bouboriga
bzw. Bontobrice. Der Name geht wohl auf eine vorrömische keltische Siedlung Boudobriga
im Rheintal zurück.
Mehr als 400 Jahre, seit die Truppen Caesars um 50 v. Chr. an den Rhein kamen, war
das Mitterheingebiet fest in römischer Hand.
Gegen Ende des 1. Jahrhunderts n. Chr. schützte der Limes ein rechtsrheinischer
Grenzwall die römische Provinz an Rhein und Mosel. Die militärischen Auseinandersetzungen
mit den Germanen bestimmten ab dem 3. Jahrhundert n. Chr. das Schicksal der grenznahen
römischen Provinzen. War der Limes erst einmal durchbrochen, konnten die Germanen
ungehindert die Provinzen durchqueren und tief in das römische Reich vorstoßen.
Um 260 n. Chr. musste der Limes aufgegeben, und die Grenze an den Rhein zurück verlegt
werden.
Unter Kaiser Julian wurde im 4. Jahrhundert auch Boppard als Handelsplatz und militärischer
Stützpunkt am Mittelrhein mit einer starken Festungsanlage ausgestattet.
Das spätrömische Kastell Boudobrica liegt auf hochwasserfreiem Gebiet unmittelbar
am Rheinufer. Die Befestigung bestand aus einem lang gestreckten Mauerrechteck von
308 auf 154 Meter.
Tore sind im Osten und Westen an den zwei Schmalseiten des Kastells nachgewiesen.
Die heutige Oberstraße bildete die Hauptverkehrsachse in Ost- West-Richtung, auf
welcher auch in römischer Zeit der Verkehr auf der römischen Rheintalstraße von
Mainz nach Köln durch das Kastell hindurchfloss.
Insgesamt waren den 2-3 m starken Mauer 28 Halbrundtürme vorgelagert. Die Innenfläche
war mit großen, zweischiffigen Fachwerkbauten versehen, die der Kastellbesatzung
vermutlich als Unterkünfte dienten.
Während archäologischer Ausgrabungen innerhalb der Bopparder St. Severuskirche wurden
die Fundamente des römischen Kastells, eine Kastellbades und besonders bemerkenswert,
einer frühchristlichen Kirche freigelegt.
Im römischen Kastell war um die Mitte des 4. Jahrhunderts ein 50 m großes Militärbad
an der Innenseite der nördlichen Festungsmauer errichtet worden.
Durch einen Vorbau kam der Besucher in die Auskleideräume, dem Apodyterium. Dahinter
lag an die Kastellmauer angelehnt ein langgestreckter saalartiger Raum, ein
Sporthalle genutzt, in welcher die Badenden gymnastische Übungen verrichteten.
Östlich dieser Halle schloß sich ein halbrunder Raum an. Er hatte Fußbodenheizung
und bildete einen Wärmeraum, in dem sich Badende und Sportler aufhalten konnten.
Der eigentliche Badetrakt erstreckte sich nach Süden, er enthielt alle für ein römisches
Bad nötigen Räume:
Das Warmbad das tepidarium, die beheizbaren Wannen des Heißbades, das caldarium
und das Kaltbad das frigidarium geben Einblick in den römischen Badeablauf.
Für angenehme Raumtemperaturen bei jeder Witterung sorgten Fußbodenheizungen. Kanäle
leiteten unter der Festungsmauer hindurch das Abwasser direkt in den Rhein.
Durch einen Kanal floss Frischwasser in das Kastell und versorgte die Thermen.
Die Thermen wurden noch bis zum Ende der Römerherrschaft am Mittelrhein d. h. bis
zum Anfang des 5. Jahrhunderts benutzt.
Zu dieser Zeit zwangen die Alamannen und Franken die Römer zum vollständigen Rückzug.
Im Jahr 406 verließ die römische Truppenbesatzung das Kastell und die Anlage wurde
zu einer rein zivilen Siedlung.
Das Kastellbade wurde umgebaut und durch eine frühchristliche Gemeindekirche ersetzt
Noch bis in das 12. Jahrhundert diente das römische Festungswerk als Stadtmauer
der mittelalterlichen Stadt.
Erst der Trierer Erzbischof Balduin von Luxemburg ließ im 14. Jahrhundert die neuen
Wohngebiete im Osten und Westen der Stadt durch eine weitere Mauer umgeben und band
dabei die römischen Befestigungen mit ein.
[Martin Thoma]