Mittelstrimmig - Vicus
Die Siedlung bei Mittelstrimmig wird schon in der 1876 niedergeschriebenen Schulchronik
vermerkt.
Die Siedlung nordwestlich der Ortschaft Altstrimmig war seit dem ausgehenden 1.
bis zum Ende des 4.Jahrhundert von wichtiger Bedeutung für die römische Infrastruktur
im Hunsrück.
Verkehrsgünstig gelegen, lag die Siedlung zwischen dem über die Eifel führenden
Fernweg Trier-Andernach und der Fernstraße Trier-Bingen im Hunsrück. Eine
an Mittelstrimmig vorbeiführende Straße verband beide Fernwege miteinander.
Von Mittelstrimmig aus führte diese wichtige Querverbindung der beiden Hauptrouten
durch das Flaumbachtal hinab zur Mosel und querte bei Karden, dem antiken Cardena
den Fluss.
Der Weg folgte nun dem Brohlbachtal am Martberg einem keltischen Stammeszentrum
und römischen Heiligtum vorbei und erreichte die Fernstraße auf der Hochfläche der
Eifel.
Südlich von Mittelstrimmig war die Ausoniusstraße und die Straßenstation Kirchberg
das Ziel der Reisenden.
Die meisten Reisenden der Antike bewegten sich zu Fuß. Wagen dienten vor allem dem
Transport schwerer Lasten. Selten gelingt der Nachweis von Reisewagen wie in der
Straßensiedlung bei Mittelstrimmig.
Hier wurden eiserne Gurthalter, die der Aufhängung des hölzernen Wagenkastens dienten
gefunden. Lederne Gurte trugen den Wagenkasten und federten die harten Stöße während
der Wagenfahrt ab.
Durch geomagnetische Prospektion, den Widerstandsmessungen im Erdreich, ist die
Lage römischer Siedlungsbauten entlang der Straßenachsen bestens bekannt. Anhand
der Messergebnisse lässt sich das Siedlungsbild, obwohl bisher keine Ausgrabungen
stattfanden, rekonstruieren.
Die Häuser stehen dicht an dicht, nicht selten nutzen sie gemeinsame Trennwände
auf der Parzellengrenze. Unter Vordächern vor der Witterung geschützt, eilten Reisende
und Bewohner entlang der Ladenzeilen. Vor allem landwirtschaftliche Erzeugnisse
fanden sich auf Märkten und Verkaufsständen. Zwar gebot ein jedes Haus über
einen Garten und versorgte sich hier entsprechend. Doch größerer Felder wurden nicht
von den Bewohnern der vici sondern von den Bauern umliegender Gutshöfe bestellt.
Die römischen Straßendörfer dienten der Landbevölkerung vergleichbar heutigen Kleinstädten
wie Kastellaun, Simmern und Kirchberg zur Versorgung. Schmiede reparierten und fertigten
Werkzeuge sowie landwirtschaftliches Gerät. Metallschlacken weisen auf die Verhüttung
von Manganeiserzen hin. Durch einen Schlackenfund ist auch die Glasverarbeitung
vor Ort belegt. Töpfer und Händler boten feine Tafelkeramik an, kurz die vici waren
Handels- und Umschlagplätze lokaler und überregionaler Erzeugnisse.
Zu den Besonderheiten von Mittelstrimmig zählen Großgrabhügel die sich innerhalb
der Siedlungsfläche im geophysikalischen Messbild abzeichnen. Vermutlich ein Bestattungsplatz
der Hunsrück-Eifelkultur des 6. bis 3. Jh. v. Chr., der entlang der vorrömischen
über den Strimmiger Berg führenden Straße angelegt worden war.
Der Zugang zu frischem Wasser ist für eine Siedlung unerlässlich. Neben der Versorgung
im Alltag waren erhebliche Wassermengen für Bäder, Tempelanlagen, Werkstätten und
Viehtränken erforderlich.
Die Frischwasserversorgung der römischen Ansiedlung Mittelstrimmig gewährleisteten
eingefasste Brunnen, Quellen und Wasserleitungen, die immer wieder bei Drainagearbeiten
angeschnitten wurden.
An Hand der Jahresringe lassen sich mehrere der erhaltenen Hölzer datieren. Demnach
wurden einige der Eichenstämme in den Jahren um 170 bis 350 n. Chr. geschlagen.
Für römische Lebensgewohnheiten waren Bäder unerlässlich. Ein Straßendorf dieser
Größe verfügte über mindestens eine Therme. Dem Bericht des Schullehrers Saur zufolge
fanden sich im 19. Jh. Reste eines Badegebäudes. Reisende wie auch Dorf- und Landbevölkerung
genossen hier die Annehmlichkeiten römischen Lebens, knüpften Kontakte und tauschten
Informationen aus.
Der Verehrung der Gottheiten dienten mehrere Tempelbauten.
Zum Schutz der Siedlung vor den Germanenüberfällen war eine Kleinfestung errichtet
worden. Im Verlauf des 4. Jahrhundert n. Chr. verließen immer mehr römische Siedler
die Hunsrückhöhen und kehrten nicht mehr zurück. Das Ende der Siedlung bei Mittelstrimmig
dürfte mit den fortwährenden Germanenüberfällen entlang der Mosel zusammenhängen.
Die römische Ansiedlung bei Mittelstrimmig verfiel und geriet in Vergessenheit.
[Martin Thoma]